Auf dem Weg zu einem gleichwertigen Miteinander – Kultur und Bildung im Dialog
Barrierefreiheit und gleichwertige Zugänglichkeit in der Gesellschaft werden immer aktuellere Themen. Obwohl es selbstverständlich ist, können Menschen mit Behinderungen bis heute in keinem Land der Erde gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben.
Ende Oktober 2024 haben wir in Eriwan eine deutsch-armenische Diskussionsrunde zur Barrierefreiheit in Bildung und Kultur mit dem Titel „Auf dem Weg zu einem gleichwertigen Miteinander – Kultur und Bildung im Dialog“ mit der Unterstützung der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Armenien und dem Goethe-Zentrum Eriwan organisiert.
Wir hatten bereits erwartet, dass das Thema Barrierefreiheit in Armenien großes Interesse wecken würde – und tatsächlich fanden sich zahlreiche Vertreter:innen aus Museen, Theatern, Filmfestivals, Sporteinrichtungen, NGOs und Bildungsorganisationen ein, um aktiv über „gleichwertige Zugänglichkeit in der Gesellschaft“ zu sprechen und sich gegenseitig auszutauschen. Trotz rechtlicher Fortschritte ist es nach wie vor eine Realität, dass Menschen mit Behinderungen in keinem Land der Erde vollständig gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.
Dr. Christiane Schrübbers, Museumspädagogin und Inklusionsberaterin aus Berlin hat Einblicke in den deutschen Kulturraum gegeben. Sie betonte, dass alle Menschen, unabhängig von Behinderung, das gleiche Recht auf kulturelle Teilhabe haben. Kultur für alle zugänglich zu machen bedeutet daher nicht nur, Museen oder Theater physisch zugänglich zu gestalten, sondern auch die Inhalte so zu vermitteln, dass sie Menschen mit verschiedensten Bedürfnissen ansprechen und mit einbeziehen.
„Kultur ist mehr als nur Unterhaltung; sie ist ein Raum, in dem wir gemeinsam diskutieren, wie wir als Gesellschaft leben wollen. Daher ist es wichtig, Kulturräume sowohl physisch als auch gedanklich zugänglich zu gestalten. Das bedeutet, bauliche Barrieren abzubauen, aber auch einen inklusiven Geist zu fördern, der sich in den Angeboten und Themen der Kultureinrichtungen widerspiegelt. Nur so kann eine Gesellschaft entstehen, in der alle Menschen aktiv und gleichberechtigt an Kultur und Bildung teilhaben können“, so Dr. Christiane Schrübbers.
Über das Projekt
Neben den sicherlich vielerorts gegebenen Barrieren im Kopf ist es jedoch vor allem mit der Infrastruktur unserer Gesellschaften verbunden. Straßen, Häuser und alle Einrichtungen wurden jahrhundertelang nur für Menschen ohne körperliche oder geistige Einschränkungen konzipiert. Bis heute ist Barrierefreiheit keine Voraussetzung für eine Baugenehmigung.
Kultur und Bildungseinrichtungen sind hier keine Ausnahme. Mit 2-3 Rollstuhlplätzen im Publikum, einem flachen Zugang und ggf. einer für behinderten Menschen konform ausgestattete Toilette sind wir meist am Ende der gleichwertigen Zugänglichkeit zur Bildung und Kultur angekommen. Auf und hinter der Bühne ist die Situation meist noch schwieriger. Der Zugang zu Theater- oder Musikbühnen, die Arbeit in Bibliotheken oder Bildungseinrichtungen ist oft schwierig bis unmöglich: Barrierefreiheit ist auch hier die Herausforderung.
Wie immer gibt es auch bei diesem Thema Vorreiter: Menschen, die sich für das Thema Barrierefreiheit einsetzen, Initiativen bilden, Projekte initiieren und Praxisbeispiele umsetzen, wie Barrierefreiheit an Kultur- und Bildungsinstitutionen gelingen kann. Gerade in Deutschland gibt es aufgrund der aktiven Auseinandersetzung mit dem Thema mehr Erfahrungen, Studien und einige beispieltragende Maßnahmen. Hier setzt unser Projekt an.
Wir wollen die bereits erarbeiteten Pilotinitiativen, Expert:innen in Barrierefreier Kultur und Bildung, ergänzt durch eine infrastrukturelle Perspektive mit Menschen in Armenien zusammenbringen, die Kultur- und Bildungseinrichtungen führen und sich immer wieder mit dem Thema Zugänglichkeit auseinandersetzen müssen zusammenbringen, um Impulse zu geben, Erfahrungen auszutauschen und Lösungsansätze zu diskutieren.
Über die Expertin:
Dr. Christiane Schrübbers, Museumspädagogin und Beraterin für Inklusion und Barrierefreiheit in Kultureinrichtungen und Museen. Seit 1981 beschäftigt sie sich mit der Ausbildung von Museumsführern und der Entwicklung von Methoden, die die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen berücksichtigen. Zu ihren Projekten gehören die Organisation von Tastführungen, Führungen in Gebärdensprache und die Anpassung von Museumstexten in Leichte Sprache. Sie war auch verantwortlich für die Erstellung der „Checkliste zur barrierefreien Konzeption und Gestaltung von Ausstellungen“. In ihrer Arbeit bezieht Christiane Schrübbers Menschen mit Behinderungen als „Experten in eigener Sache“ aktiv in die Beratung und Überprüfung der Barrierefreiheit von Ausstellungen ein.
Das Projekt wird gefördert und unterstützt von der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Armenien und dem Goethe-Zentrum Eriwan.